Sonntag, 18. April 2010

35. Iteration




Eine "Technikfolgenkompetenz" sollte eine Medienphilosophie vorausgehen. Doch was nur, wenn diese Erkenntnis sich in unserer Gesellschaft nicht mehrheitlich durchsetzen ließe?

Eine solche Medienphilosophie würde eine Wissen über die Geschichte der technischen Aparate und ihres Funktionierens voraussetzen. So etwas hat man versucht, an der Humboldt Universität zu Berlin zu unterrichten. Jedoch ist dieser Ansatz relativ stark gesellschaftlich marginalisiert worden. Auch die Tatsache, dass man aus mangelnder Technologie Kenntnis heraus eine politische Arbeit immer verantwortungsloser wird, wird bewusst immer wieder mehrheitlich unter den Tisch gekehrt. An wem liegt es, dass nicht mal die Game Studies in Deutschland sich den Fragen der Entwicklung von Spielen in dem Maße widmen, wie es schon vor Jahren von Minoritäten gefordert worden ist?

Heutzutage sollte eine der Grundvoraussetzungen in der Politik sein, dass man eine gewisse Ahnung von Technologie hat. Geld und Wirtschaft sind inzwischen schon längst zu digitalen Datenströmen mutiert. Auch in vielen Bereichen der Wissenschaft wird die zum Einsatz kommende Technologie viel zu wenig hinterfragt. Universitäre Standards wie z.B. Powerpoint beispielsweise in der Germanistik oder in der Kulturwissenschaft können sich an keinen methodologischen Abhandlungen orientieren, da diese in der Reflektionsradius dieser Disziplinen gar nicht innerhalb des Forschungsinteresses angedacht werden. Dazu gibt es nach wie vor kaum Literatur. Liegt das vielleicht daran, dass sich die Kategorien dessen verschieben, was das Leitmedium ist? Medium hin oder her...

Viele Naturwissenschaften sowie insbesondere die Klimaforschung mutieren inzwischen stark zu Anwendungen auf rechenstarken Computern. Die Rundungsfehler im Gleitkommastellenbereich bei sehr komplexen Rechenaufgaben, die die Computer auch heute noch machen, werden hierbei komplett ausgeblendet. Denn ab einem bestimmten Abstraktionsgrad beginnen die Computer zu runden. Durch mittlerweile aufgetretenen Grenzen der Strukturbreite bei der Integration von Transistoren auf Silizium Halbleiter basierte Chips sind weitere Problemzonen innerhalb der Hardware aufgetreten. Denn da Testreihen in dem Maße, wie sie notwendig wären, aufgrund des enorm hohen internationalen Konkurrenzdrucks, kaum nicht durchgeführt werden, so dass mit hundertprozentiger Sicherheit Sicherheitslücken ausgeschlossen werden können, muss davon ausgegangen werden, dass Systempannen wie bei Autokonzern Toyota aufgetreten, sicher keine Einzelfälle bleiben werden. Dies liegt auch daran, dass wir durch die Einhaltung von Gordon Moores Law und einer mangelhaften Auslotung alternativer Architekturen und verfahren zwar die Integrationsdichte kontinuierlich steigern konnten, in vielen Punkten aber Defizite erkennbar geblieben sind. Ein wesentlicher Punkt, um nur einen zu nennen, ist derjenige der Wärmeentwicklung. Dennoch werden mögliche Quanteneffekte bei der Kalkulation von multiplexen Rechenaufgaben mit mehreren Variablen in dynamischen Systemen zumeist als potentielle Fehlerquellen ausgeblendet. Diese Prozesse stellen sicher ein Sondergebiet dar, dass sich iun absehbarer Zukunft nur sehr schwer in den Griff bekommen läßt. Trotz allem sollte es nicht komplett ausgeblendet werden, da man sich ungern Fehler eingesteht. Denn das ist nicht gut fürs Marketing.

Vergleichbare Fehlerquellen, die sich dem Material verdanken, sind aber im vergleich zu fehlerhafter Software eher selten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass man aufgrund von internationalen Patentrechten Source Code nur bis zu einem gewissen Maße optimieren kann. Firmen wie Microsoft befinden sich nicht ohne Grund auf dem Weg in die Vergangenheit. Die Welt von Morgen operiert im Netz, was jedoch bei Microsoft noch universell kontrolliert werden konnte, wird im Bereich der offenen Netzwelten schwierig. Daher möchte man wohl auch in Zukunft lieber Gridanwender heranzüchten, denen jegliches Verständnis für Code fehlt. Dadurch wäre dann eine noch stärkere Bevormundung der User als im TV Zeitalter möglich. Aufgrund dieser Tatsache würde es sich lohnen, medienphilosophisches Verstehen von Medien zu fördern, stärker noch als dass jeder unbedingt programmieren lernen sollte. Programmierstrukturelle Überlegungen wie beispielsweise das Verstehen, was eine objektorientierte Programmierung ist, was Multithreading ist, sollte man jedoch schon erkennen und auch verstehen können. Denn das strukturelle Denken der Programmierer ist auch eine kulturelle Errungenschaft und gebar sich nicht aus dem Nichts. Die Wurzeln der Objekt basierte Programmierung finden sich auch in anderen Bereichen. Ray Kurzweil sprach im Zusammenhang mit komplexen Ikonographien auch von Makro Zeichen Blocks. Dies könnten auch als Objekte angesehen werden. Das erinnert zwar ein bisschen an Lego.. aber in diesem Zusammenhang können Programmierer bisweilen auch vom Theater, Film und den darstellenden Künsten lernen. Gerade wenn es darum geht funktionale Strukturmodelle zu entwickeln, mittels derer Ikonographien interaktiv (also gesteuert durch Interrupts) steuerbar werden (vielleicht auch ein bisschen im Sinne der Kybernetik).

Generell denke ich wie Jaron Lanier damals und Lev Manovich, dass es höhere Ebenen der Programmierung geben wird. In wie fern Hollywood mit einigen seiner Filme neue Hochsprachen artikulierbar gemacht hat, sollen diejenigen entscheiden, die in Zukunft mit politischen Entscheidungsprozessen beauftragt sein werden. Und dies in einer Zeit, in der das Wissen der Menschen und die Komplexität der zwischenmenschlichen Beziehungen im Vergleich zu heute um ein Vielfaches angesteigen sein wird.

In wie fern sich diese Welt dann eine Medienphilosophie zugelegt haben wird, sei dahin gestellt. Sicher ist, dass man in einer Welt der immer rascheren Systemwechsel durch philosophische Überlegungen neuen Halt gewinnen kann, so dass den Prozessen der Sinnentlehrung und des Opakwerdens des an und für sich Wesenshaften - Walter Benjamin nannte es den Verlust des Auratischen - Aufschub geleistet werden kann.

Meiner Meinung nach sollte bei einer solchen Medienphilosophie das Wohl des Menschen und das Wohl der Gemeinschaft von übergeordneter Wichtigkeit sein. Vielleicht wird in der Zukunft das politische Handeln wieder darin bestehen, diese Begriffe zeitgemäß zu interpretieren und basiert auf einem tieferen Verständnis dessen, was Technik ist und welche Fragen durch ihre gesellschaftliche Implementierung gestellt werden - sei es volksökonomischer, sicherheitstechnischer oder sonst welcher Natur. Jedoch geht der Generationenwechsel in der Politik viel zu langsam von statten. In der Tat werden junge PolitikerInnen heutzutage vielfach von älteren KollegInnen ausgebremst vor allem, wenn sie ein philosophisches Programm zu propagieren suchen. Dies liegt wohl auch an der Überalterung der Gesellschaft.

Wenn aber viele der Alten keine Ahnung von Technologie haben, gibt es nur einen Weg, in dem Zusammenhang für einen Wandel zu sorgen: ein stärkeres Bewusstsein für Technologie innerhalb der s.g. politischen Klasse und innerhalb ihrer Führungskreise von wo aus dann ein selbiges einer breiteren Gesellschaft vermittelt werden könnte. Heute ist es jedoch vielfach der Fall, dass die politische Klasse sich scheinbar gar nicht bewusst ist, wie sehr sie an den aktuellen Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung vorbeischrammt. Sie sollte dazu in der Lage sein, Wesentliches zu verändern und zu erkennen, dass es an der Zeit ist, Platz zu machen für Neue.



Dieser gesellschaftliche Umbruch, der gleichbedeutend ist mit einer Kulturrevolution und einem Verlagerungsprozess dessen, wie man eine politischen Klasse definiert, geht einher mit einer zunehmenden Expansion der Technologien. Die damit aufgeworfenen Kompetenzfragen lassen sich nicht durch weiteres inkompetentes Entscheiden wegdiskutieren. Es gilt, diese Fragen endlich zu stellen und zu fragen, in wie fern die Alterszwiebel nicht eine Gefährdung für die deutsche Gesellschaft darstellt und wie man die Kompetenzträger, die schon vor Jahren das Richtige eingefordert haben, endlich an die Macht bringt und ihnen ermöglicht, die richtigen Entscheidungen zu treffen, so dass Deutschland innerhalb des europäischen Staatenverbunds auch künftig keine untergeordnete Rolle zu spielen braucht. Denn der Wandel wird nicht allmählich kommen, sondern eruptiv wie ein Vulkanausbruch.

Auch sollten die beiden Lager jung und alt versuchen miteinander in einen fairen Dialog zu treten. Dies ist im Interesse aller Beteiligten.



Demokratie ja, aber was, wenn die Unwissenden in der Mehrzahl sind? Wir brauchen eine Partei wie die Piraten. Die alten Mehrheiten können ja zur Zeit gar nicht von den nachwachsenden, die in meinem Alter sind abgewählt werden, obwohl auf unseren Schultern schon bald die Hoffnung dieser Wirtschaftsregion liegt. Man sollte endlich auf diesen Mißstand der Geburtenschwachenjahrgänge eingehen!

Jedoch sind die Piraten auch zu krass... Kulturflatrate ist ja eine gute Sache. Aber das ist alles noch ein wenig zu wenig durchdacht. Dass man keine Lady Gaga oder auch Twista etc. Videos auf Youtube sehen kann geht auch nicht klar. Da muss sich was ändern. Und am liebsten schon bald. Die Alten haben uns bald komplett im Griff in all ihrer senilen sicher auch gut gemeinten Unwissenheit: (Held hostage wie ihr..)