Dienstag, 5. August 2008

9. Iteration


Hier ein paar Fragen, die sich mir in der letzten Zeit gestellt haben. Vielleicht hat es ja einen Nutzen mit Ihnen gemeinsam darüber nachzudenken. Ich denke, dass sich aus diesen Fragestellungen auch erklären lässt, warum es zu Komplikationen mit den beiden Mitherausgebern des Shooter Bandes gekommen ist. Denn mein Beitrag verortet sich im Technischen und beginnt einen neuen Diskurs. Die anderen Beiträge bedienen ein System und verschließen sich dem, was da ist. Diesen Umstand zu begreifen, habe ich nun beschlossen, die Fragen, die mich bewegen, öffentlich zu machen, um zusammen mit Ihnen darüber zu reflektieren. Auf die eine oder vielleicht auch andere Weise:

Was sind Medien?

Was waren Medien?

Was werden Medien sein?

Wie funktionieren Medien?

Wie definieren wir Medien?

Definieren sich Medien rekursiv vom Technischen her?

In wie fern sind Medien vom Technischen her bestimmt?

Können wir das Technische dann ausklammern, wenn wir versuchen zu verstehen, was Medien sind?

Was kennzeichnet Medien, dass wir von ihnen als Medien handeln?

Wie technologisch ist unser Medienbegriff?

Wie technologisch muss er sein?

Wie technologisch darf er sein?

Ist unser heutiger Medienbegriff sinnvoll?

Was wollen wir mit ihm erreichen?

Was können wir mit ihm erreichen?

Wie anschlussfähig ist unser Medienbegriff?

In wie fern sind Medien immer auch von ihren Inhalten bestimmt?

Wie technisch ist unser Medienbegriff?

Seit wann gibt es Medien unserem heutigen Verständnis nach?

Wovon ist unser Medienverständnis geprägt?

Wie praktisch ist unser Medienbegriff?

Was kann unser Medienbegriff und eine Medienwissenschaft erreichen?

Erlauben heutige Betrachtungen unser Verständnis von Medien in irgendeine Richtung weiter zu entwickeln?

Seit wann gibt es unser heutiges Medienverständnis?

Evolviert der Medienbegriff?

Wozu wurde der Medienbegriff eingeführt?

Ist die Emergenz des heutigen Medienbegriffs eine Reaktion auf eine technologische und gesellschaftliche damit eine Entwicklung?

Wie legitimieren sich Medien?

Wie legitimiert sich Medienwissenschaft?

Wie reagieren Menschen auf Medientheorie?

Lassen sich die Erkenntnisse der Medienwissenschaft mit einfachen Worten einem Massenpublikum zugänglich machen?

Worin liegt die Philosophie unserer Medienwissenschaft?

Wie philosophisch darf eine Medienwissenschaft sein?

Wie reagieren Menschen auf unseren Medienbegriff?

Was kennzeichnet eine Medientheorie, bzw. kann es eine einzige geben?

Wie beschreiben wir Medien?

Wie beschreiben wir das Funktionieren von Medien?

Wofür ist die Beschreibung des Funktionierens von Medien gewinnbringend für eine Medienwissenschaft?

Wo beginnt die Medienphilosophie?

In wie fern können Medien als Träger von Philosophie diese rekursiv zum Thema haben?

Ist eine Philosophie, die unter Ausklammerung ihrer eigenen Medialität betrieben wird, in einer Zeit, die vom Paradigma der technischen (Kommunikations-) Medien bestimmt wird, überhaupt in der Lage aussagekräftige Erkenntnisse zu formulieren?

Ist die Unmöglichkeit der erschöpfenden Beschreibung von Medien als Trägern von Inhalten, die vom Technischen, von allen erdenklichen Rahmensystem aber vor allem auch von kognitiven Prozessen des eigenen Verständnissvermögens und den in ihm eingebetteten Medienverständnis bestimmt sind, die zur Verarbeitung von dargestellten Inhalten nötig sind, zugleich eine Chance für eine anhaltende Evolution unseres notwendigerweise unvollkommenen Medienverständnisses?

Könnte diese zuletzt angeführte Fragestellung eine Medienwissenschaft nachhaltig legitimieren?

In wie fern folgt unser Medienverständnis einer Prozesslogik?

Wie irreversibel ist die Prozesslogik unseres Medienverständnisses?

Wie schnell erschöpft sich unser Repertoire der Begriffe innerhalb der Prozesse unserer mediatisierten Zeit?

Kann die Einführung zeitlich unbeständiger technischer Begriffe in die Medienwissenschaft das Defizit ihres Aktualisierungsdrucks ausgleichen?

Handelt es sich dabei um eine doppelte Zeitlichkeit des medienwissenschaftlichen Diskurses?

Was genau ist eine mediatisiere Zeit?

Wie stark sind wir einer Mediatisierung unterworfen?

Welche folkloristischen Merkmale kennzeichnen diese Mediatisierung?

Ist die Mediatisierung einer Gesellschaft immer auch im Zusammenhang mit der Beschaffenheit einer Gesellschaft zu begreifen, in der diese Mediatisierung greift?

Handelt es sich bei der Mediatisierung um einen natürlichen evolutiven Vorgang?

Welche Selektionskriterien greifen innerhalb einer Mediatisierung, die als solches einen Prozess kennzeichnet?

Kann eine phänomenologische Klassifizierung von Medien Aufschlüsse über die Beschaffenheit einer Medienwissenschaft geben?

Wie lässt sich diese Beschaffenheit der Medienwissenschaft kontinuierlich optimieren?

Wie lassen sich Medien klassifizieren?

Welches Ziel verfolgt eine sich prozessual verstehende Medienwissenschaft?

Kann es überhaupt ein einziges Ziel geben?

Welche philosophischen Erkenntniskategorien lassen sich im Zusammenhang mit einer Medienwissenschaft formulieren, die ihre Erkenntnisse der Öffentlichkeit zugänglich macht, die ein Bedürfnis hat, Medien besser zu verstehen, bzw. eine Philosophie der Medien zu entwickeln?

Welche neuen epistemischen Wege kann eine Medienwissenschaft beschreiten?

In wie fern kann sich Wissenschaft und damit auch eine Medienwissenschaft der Medien, die sie beschreibt, praktisch in der Didaktik bedienen?

Umfasst die heutzutage viel diskutierte Medienkompetenz auch den praktischen Umgang mit interaktiven digitalen Medien?

Welche neuen didaktischen Methoden lassen sich mit der Evolution der Medien verbinden, bzw. wie reagiert die Medienwissenschaft auf eine Evolution der technischen Medien und die damit einher gehenden Veränderungen in der Gesellschaft?

Wie lässt sich eine praktische Medienkompetenz in der Medienwissenschaft ausbilden, so dass ihre Outputs nicht zwangsläufig auf Texte begrenzt bleiben?

Ergibt sich daraus eine neue Notwendigkeit zur Generierung eines neuen Strangs der Medientheorie zur praktischen Herstellung neuer didaktischer Methoden und neuer Werkzeuge zur Realisierung dieser Methoden um auf Nutzergewohnheit von Lernenden zu reagieren und dadurch medienwissenschaftliches Wissen effektiver zu vermitteln?

Geht es in der Medienwissenschaft primär um die Vermittlung einer Textkompetenz, bzw. einer Fähigkeit zum Schreiben von medienwissenschaftlichen Texten? Oder aber könnte es auch das Ziel einer Medienwissenschaft werden, der Lehre neue, didaktische Output Kanäle zu erschließen?

Können neue Episteme erst dann emergieren, wenn die Medienwissenschaft sich diesen neuen, in einer Medienpraktik verorteten Fragen stellt?

Wäre damit die Ausrichtung einer Medienwissenschaft nicht zum einen rückblickend aber zum anderen eine Antizipation einer neuen, in der Zukunft zu verortenden, didaktischen Praxis?

Kann man heute Marschall McLuhans Ansatz von 1968, als er mit Quentin Fiore, eine komprimierte Pop artige Version von „The medium is the message“ veröffentlichte, als einen Auftakt und den s.g. visual turn in den Wissenschaften als ein Zwischenstadium verstehen, dessen nächstes mediales Niveau jetzt theoretisch vorbereitet werden kann?

Wäre die Entwicklung einer neuen, die Medienpraktik mitantizipierenden Medientheorie nicht nur möglich, wenn die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen stärker versuchen würden, sich miteinander zu verzahnen und anstelle von multidisziplinären Entwürfen interdisziplinäre Gesamtentwürfe zu konzipieren, zu ökonomisieren und dann schließlich auch zu realisieren?

Lautert in der letzten Fragestellung eine totalitäre Gefahr? Wie ließe sich eine solche Gefahr umgehen?

Vielleicht stimmt es ja, was man im ersten Teil von Matrix verlauten ließ: die Fragen als solches sind es, die uns den Weg vorgeben. Vielleicht fragen sich einige Leute einfach nicht die richtigen Fragen. Darin könnte sich eine konservative Geste des Systemerhalts und der Abwehr von Innovation reflektieren. Die ephemeren Nullschleifen aber schreiben sich aufs Neue immer wieder fort. Ihr Ziel ist es vielleicht gar nicht, einen neuen Diskurs auf den Weg zu bringen, sondern einfach in der Geste der alten Fragestellungen zu verharren. Veränderungen dürfen aus ihrer Sicht nur in den Nuancen situiert sein. Ansonsten können wir vielleicht alle von ihnen lernen, wie wir richtig formatierte Texte schreiben können, epigonal, mit einem inhaltlicher Gehalt im Reflex auf das Ende ihres Epochenverständnisses.

Erst aus dem Anderen des eigenen, dem Unbequemen, ergibt sich ein fruchtbringender wissenschaftlicher Disput. Dennoch gibt es immer wieder gibt Leute, die Deleuze zwar zitieren, ihn aber nicht verstanden haben, oder aber generell keine französischen Autoren gelesen zu haben vorgeben. Sie zitieren ihn, aber meinen immer nur sich selbst. Dem Anderen des eigenen aber soll die Chance verwehrt bleiben, seine Mühen werden nicht erkannt, im Kontext der Gruppe darf er nicht als der Andere der Anderen erscheinen. Seine Ausgrenzung erfolgt aus einer Angst heraus. Eine Phobie bestimmt das eigene zweckrationale Handeln, dessen Beschaffenheit man am Besten bei Habermas nachlesen können wird. Bis dahin aber kann man nur hoffen, dass die eigenen kleinen Defizite, denen die Humboldt Universität mit ersten kleinen Lösungsansätzen entgegen getreten ist, in der Zukunft auch von anderen Universitäten in der Provinz verstanden und entsprechend umgesetzt werden können.

Geisteswissenschaftler aber, die nicht einen einzigen französischen Autoren gelesen zu haben vorgeben und sich sogar damit brüsten, (in ihrer weltfremden Ingoranz) sollte man meiner Meinung nach etwas genauer Fragen, warum sie dies in der Zwischenzeit nicht schon einmal nachgeholt haben. Vielleicht ist das Interesse an einem interdisziplinären Dialog auch wirklich nicht so besonders fundiert bei solchen. Und vielleicht reicht es daher auch wirklich nur zu "...multidisziplinären Zugängen"...