Freitag, 28. November 2008

17. Iteration



Meiner Meinung nach findet Medienerziehung nicht ausschließlich nur in Shooter Games statt...^^ sondern innerhalb eines ausgewogen Medienmixes, das ein reichhaltiges Medienangebot zu Tage fördert. In dem Moment aber, in dem man in der Videothek 50% Gewalt verherrlichende Filme findet, sollte man sich an den Kopf fassen und in sich kehren. Spiele sind, wie Marshall McLuhan schrieb, die Spiegel der Gesellschaft. Sie adressieren unser kollektives Unbewußtsein. Und dabei sollte man nicht vergessen, dass wir zur Zeit in einer relativ Konflikt beladenen Zeit leben.



Einige der in Ego-Shootern verhandelten Inhalte können bei aller sonstigen Liebe für Games sowohl volksverhetzend als auch menschenverachtend rüber kommen und fördern eher die Reaktionsfähigkeit von Kids und deren in Echtzeit auf einander abgestimmtes, zielgerichtetes Gruppenverhalten im Flow-Rush, als dass sie wirklich aktiv zum Nachdenken anregen. Der Geschwindigkeitsfetisch ersetzt die kontemplative Reflektion, bzw. begünstigt dadurch eine andere Form der auf Überleben getrimmten Reaktionsreflektion in krisenhaften Echtzeit Zusammenhängen. Da diese Art von Stress-Adrenalin aber nicht in Friedenszeiten benötigt wird, außer beim vielleicht Sport (und man kann darüber streiten, wie sportlich es im s.g. eSport zugeht), braucht diese Art der Mobilisierung der Sinne vielleicht auch andere Ventile.



Vielleicht ist es ja gut, dass es in einer Wohlstandsgesellschaft wie der unsrigen solche Spiele gibt, damit sich die zum Teil verzogenen Kids bei aller Seelenlehre und Wertedrift irgendwie ihre Zeit rumkriegen. Action ist die Antwort. Adrenalin. Dabei sind sie immer auf der Suche nach dem letzten Kick. Half-Pipe, Bungee, Porno, Low-Kick. Symptome einer zivilisierten Welt. Klassendifferenzen in Funny Games Europe. 93, 94, Go...



Wer aber wirklich beweisen kann, dass die durch solche Spiele verbreiteten gesellschaftlichen Dispositive sowie das Spielen derselben wirklich nachhaltig zum Erhalt von Frieden in der Welt und auch zu gesitteteren Umgangsformen miteinander, den Abbau von Klassen- und ethnischen Konflikten, der erfolgreichen Bekämpfung von Welthunger, der nachhaltigen Entwicklung von Energie-Ressourcen, der Eindämmung von Geldwäsche und Offshore-Trade, etc. beiträgt, der würde auch dazu beitragen, dass diese Debatte gar nicht erst geführt zu werden bräuchte; eine Debatte übrigens, die ja nicht nur Games stigmatisiert, sondern Gewaltdarstellungen in Medien generell anprangert. Aber vielleicht ist das in Zeiten von War Against Terror ja auch gar nicht anders möglich.



Dass John von Neumanns mathematische Spieltheorie auch in der heutigen Zeit gilt, führt zu der einfachen Logik: Rüstet die eine Seite (Terror) auf, was soll dann die andere machen? In einer Zeit, in der Disziplin und Gehorsam vor allem in der westlichen Welt Werten wie Selbstverwirklichung und Hedonismus gewichen sind, suchen wir nach immer neuen Grenzen. Vielleicht auch nach neuen Technologie Anwendungen, die uns dazu beflügeln, uns die Welt anzueignen, Chaos zu kontrollieren und überhaupt in der Welt irgendwie zu überleben, jeder auf seine Weise. Ob das Überleben im Virtual Space aber dem Überleben im Realraum vorzuziehen ist, sei dahin gestellt.



Apologetisch anmutende Berichterstattungen wie auch die von Pro7 übertragenen MTV Awards geprägt haben, reflektieren eine ganze Industrie, die zusammenhält und einstimmig unser Recht auf Entertainment, Action und das Gegenteil von Langeweile also auch Shooter Games verfechtet.




Klar, der eine findet Civilization cool, aber gewinnen tut mit GTA IV eines der brutalsten Spiele des Jahres. Der Klassenkampf ist auch auch ein Kulturkampf. Die Kulturdebatte ist inzwischen soweit gediegen, dass man Prototypen Entwicklungsförderprogramme gemäß unserer damaligen Forderung bei GAME FACE allmählich auch in Deutschland durchsetzen will. Damit alleine ist es aber nicht getan. Die in der Debatte um Games ebenfalls apologetische Exegese von alternativen innovativen Game Konzepten bietet indirekt der unreflektierten Verbreitung von Shootern Auftrieb. Jedoch ist nicht die Verbreitung das Problem, sondern überhaupt die Vorzeichen, die zu ihrer Herstellung führen. Zusätzlich ist es die allgemeine gesellschaftlichen Akteptanz, die zum erfolgreichen Absatz dieser Spiele führt. Sowohl auf digitalem als auch auf haptischen Wege (wobei letzterer vor allem bei Verboten dominieren wird).



Verbote halte ich nicht für sinnvoll. Man muss etwas Kreatives dagegen stellen. Kreativität beflügeln, statt eigentlich Kreatives verbieten. Vielleicht reichen ja die in Deutschland bewilligten Fördergelder gar nicht. Vielleicht bedarf es ja richtiger Förderprogramme. Infrastrukturen, die staatlich gefördert sind. Vielleicht muss man die Games Industrie wirklich als eine Industrie erkennen. Vielleicht gibt es ja einen Tax Break für Spiele Entwickler, die an erbaulichen Spielen arbeiten, in denen Bildungsziele erreicht werden, die auf dem Lehrplan stehen oder zukünftig auf dem Lehrplan stehen könnten. Vielleicht wäre es dann fatal, einfach Verbote auszusprechen, nur weil man sich nicht ausführlich mit diesen innovativen Technologien und den damit verbundenen Möglichkeiten beschäftigen will. Da man vielleicht auch zu faul ist bei all dem politischen Stress sich einmal entspannt hinzusetzen und wirklich einmal nachzudenken. Vielleicht werden ja nur solche Spiele in den Markt gepusht, da die Hersteller keine Alternativen sehen. Da andere Spielekonzepte zu entwickeln zu riskant und auch zu teuer wäre. Und vielleicht auch Spiele wie Littlebigplanet letztendlich zu floppen scheinen.

Vielleicht hätte man dann damals in Deutschland auch die Gründung der Bundeswehr verbieten müssen und auch den Verkauf von Kriegsspielzeug inklusive Lego und Playmobil. Ich denke aber, dass jeder einsieht, dass so etwas zu weit führen würde. Dass man sich nicht einfach hinstellen kann und sagen kann, ich verbiete alles. Vielleicht ist es ja ein menschliches Bedürfnis, sich wehrhaft und nicht ohnmächtig zu fühlen. Und vielleicht artikuliert sich eine solche in die Verantwortung gerufene, politische Wehrhaftigkeit auch in Kommissionsanträgen wie diesen soeben von der CDU vorgelegten...