Donnerstag, 29. Januar 2009

19. Iteration


Die Eurogamer Meldung ist etwas zu negativ formuliert und ich denke, das hat seine Gründe. Gründe, die ich als ehemaliger Magazinbetreiber vielleicht erklären kann und die platt und insgesamt beschämend sind. Bevor ich dazu ansetze aber folgendes vorweg: Die Games Convention geht mit der Zeit und besetzt ein strategisch viel versprechendes neues Thema, das bisher zu kurz gekommen war, dynamisch neu. Und das ist gut.

Denn dies ist vom neuen Ansatz her durchaus etwas, das man aufgrund der bisherigen Event Erfahrung im Umgang mit Games vor allem den Leipzigern zutrauen kann. Wer sonst in Europa könnte dazu in der Lage sein?

Die Professionalität der Leipziger im Umgang mit Games ist sicher in keinem Punkt mit einem anderen Event Anbieter in Europa vergleichbar. Wenn sie auch Beratung benötigen, sieht man ganz klar. Europa braucht eine Veranstaltung für Online und Mobile. Gerade auch für Mobile. Und Leipzig war in Korea bei der Gstar und hat diesen Trend klar erkannt.

Nun aber ein weiterer Punkt: Diese Entwicklung ist auch dadurch gut, da man angesichts einer solchen neuen Event Ausrichtung nicht nur ein neues Feld neu besetzt, sondern auch gerade dadurch neue Diskussionen möglich werden.

Allen voran müssen neue Diskussionen mit den Operator und Netzwerk Betreiber Companies wie O2, Vodafone, T-Mobile und anderen geführt werden, die in den vergangenen Jahren die industrielle Verwertung von Online und vor allem Mobile Games durch unzeitgemäße, rigide Praktiken zum einen behindert haben und die kreative Entwicklung im Bereich Game Content Entwicklung auch durch kleine vielversprechender Start-Up Firmen, die vor allem durch innovatives Talent überzeugen konnten, ausgebremst wurden, was in Europa in den vergangenen Jahren zur Abwanderung von Talenten, zum s.g. "Ausblutungseffekt" und zu einer starken Homogenisierung von Game Content geführt hat. Denn diese hier von mir beschriebene Entwicklung führte in den letzten vergangenen fünf Jahren vor allem auch darum zu einer starken Homogenisierung von Mobile Game Contents, da Operatoren, um es sich einfach zu machen, es bevorzugten, exklusive Verträge mit Aggregatoren wie Gameloft zu unterschreiben, die heute nachweislich den Markt im Mobile Games Bereich dominieren und ohne die es heute nahezu unmöglich ist, ein Spiel auf einem der führenden Mobile Game Portalen der Operatoren zu veröffentlichen. Um dies näher zu begreifen, wovon ich hier handeln möchte, muss man sich doch nur diese Frage hierstellen: wie bringe ich denn als Independent ein cooles Mobile Game auf führenden Handies so in Umlauf, dass ich nur aufgrund der hohen Qualität meines Spiels im Markt erfolgreich sein kann. Aggregatoren und Operatoren beherrschen den Markt. Operatoren denken durch die von ihnen indirekt geschaffene Aggregatoren Marktstruktur im Mobile Game Bereich erfolgreich "outgesourcet" zu haben. Eine wirkliche inhaltliche und strategische Besetzung des Mobile und des damit zunehmend konvergierenden Online Games Thema findet seitens der Operatoren derzeit überhaupt gar nicht oder nur in einem Maße statt, das nicht ausreicht.
Dadurch ist es auch nicht erstaunlich, dass es nach wie vor auch keine Mobile Flatrate für Online Nutzung von Mobile Content für mobile Kommunikationsplattformen wie Handies und Laptops innerhalb von Europa gibt. Beispielsweise ist die offenkundigen Behinderungen der Nutzung von VOIP Technologien wie Skype auf iPhones und anderen 3G Plattformen ein Skandal. Und dass Voice Chat bei Online Games die soziale Komponente des Spielens betont und seine Sinn hat ist unumstritten. Wieso darf man als Entwickler dieses Features also nicht in Mobile Online Games mitanbieten? Da sonst alle das Spiel installieren und darüber umsonst miteinander telefonieren würden. Gibt es denn keine Alternativen? Schon, aber darüber will keiner nachdenken, denn das wäre mit erheblichem Umdenken und anfänglichen Investitionen verbunden. Und vor allem hat der derzeitige Status Quo vor allem einen Grund: Aus Operatoren Sicht liegt das Kerngeschäft der Operatoren nach wie vor primär im Abverkauf von Gesprächseinheiten und Geräten. Und fragt man bei solchen Firmen ein mal nach - vorausgesetzt man bekommt wie ich letztes Frühjahr 2008 einen Termin - so wie ich es gemacht habe, als ich im Rahmen meiner Recherchen für meinen Beitrag zum KOGIA EU Report Europa bereiste, stellt man fest, dass es bei den betreffenden Operatoren gar keine Strategie für eine expansive Erschließung des Games Themas geschweige denn entsprechende damit zusammenhängende Community Strategien oder gar Konvergenteres gibt. Und dies gilt sowohl für das Games Segment Online sowie das Games Segment Mobile.


Nun zur Erklärung der negativ anmutenden Ausrichtung dieses besagten Artikels, abgesehen davon, dass es nach GAME FACE keine Publikation gibt, in der die Schwierigkeiten und Akteure derart klar beim Namen benannt werden, dass wenn irgendwo jemand versucht, einen Artikel mit etwa diesem obigen Inhalt zu veröffentlichen, dass die jeweilige Plattform mit sofortiger Wirkung mit massiven Einbrüchen von Anzeigen- und Bannerschaltungen rechnen muss und viele Akteure in der Industrie ohnehin schon wissen, sich aber ohnmächtig mit dieser Situation konfrontiert sehen. Denn die Presse ist nicht wirklich frei in der Wahl ihrer Themen. Und wird vielfach von wirklich schmalspurigen Gehirnakkrobaten mit Content versorgt.-

Trotz all dieser Seitenhiebe, die mir gestattet seien und für die ich übrigens auch bekannt bin (*Augenzwinger*), muss man sagen, dass das, was die Leipziger da jetzt schon seit einiger Zeit planen, die rigorose Fortsetzung einer deutschen Revolution ist, die die Leipziger anfänglich ins Rollen gebracht haben und nun konsequent fortsetzen. Und auch darum sollten wir als Deutsche Staatsbürger diesen Anfängen währen und den Willen, der diese Entwicklung zeitigt, erkennen, wenn nicht unterstützen. Und by the way: Wer wird denn in zehn Jahren noch Verpackungen kaufen?

Wenn die größtenteils aus dem amerikanischen und japanischen Ausland gesteuerte Verpackungslogistiklobby gegen Online sind und die Entwicklung aufhalten wollen, auch um Zeit zu gewinnen, da derzeit vor allem die Firma Blizzard und vorwiegend koreanische Online Game Publisher die profundesten Erfahrungen mit Online- und Mobile Games und auch mit den entsprechenden Verwertungsinfrastrukturen gesammelt haben. Darum können wir vor allem von Asien in dieser Hinsicht lernen. Jedoch gilt es auch zu verhindern, komplett von Asien bestimmt zu werden, wie zur Zeit von Amerika. Auch bleibt der Anspruch bestehen, innovativen Content aus Europa gewinnbringend in der ganzen Welt zu vermarkten. Daher hoffe ich, dass man in Leipzig auch meine ursprüngliche Kritik an der GCDC in Zukunft in diesem Zusammenhang stärker berücksichtigen wird und zukünftig vor allem Online Game Entwicklungspanels mit den entsprechenden asiatischen Referenten bestückt. Denn bis dato hat trotz meiner vielfältigen Anregungen KEIN koreanischer Online Game Experte in Leipzig je einen Vortrag gehalten. Und das kann in Zukunft nicht mehr angehen. Ob Leipzig es nun schaffen wird, rechtzeitig dieses Thema in Kooperation mit den entsprechenden Industrie Akteuren und Regierungsagenturen mit viel versprechenden Referenten zu besetzen, wird sich zeigen. Die vom Leipziger Messe Team gesetzte Deadline ist jedenfalls äußerst sportlich.

Die Frage bleibt nun: handeln oder abwarten...