Freitag, 30. April 2010

37. Iteration



Ein neuer Computerspielpreis ist vergeben. Mediengeschichte wurde geschrieben, erneut, denn wie ihre Vorgänger Veranstaltungen war auch diese Computerspielpreisverleihung im Berliner Congress Centrum BCC dieses Jahr in erster Linie eine politische Veranstaltung. Man kann sagen, die Politik ist bei den Spielen angekommen, bzw. vorwiegend Malte Behrmanns Lobbyarbeit, die er geschickt mit seinen Mitstreitern durch Zusatzämter wie Kulturratmitgliedsschaft, GAME Verband Co-Geschäftsführung und Verbandsarbeit beim EGDF begünstigt, in die vielen Gremien hineinträgt, in denen er tätig ist und tätig werden möchte. Das kann dann auch schon mal dazu führen, dass in allgemeinen Krisenzeiten Erzrivalen wie Olaf Wolters, dem Geschäftsführer vom BIU (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware), und er ausnahmsweise mal zusammen an einem Strang ziehen. In wie fern Co-Geschäftsführer beim GAME Anwalt Claas Oehler und Stefan Reichart, der Hauptorganisator der Quo Vadis, in diesem Fall ihren schlichtenden Beitrag zur Einigung zwischen GAME Verband und BIU beigetragen haben oder ob es doch an der Beteiligung des BVDW (Bundesverband Digitale Wirtschaft)liegt, sei dahin gestellt. Fakt ist: ein Preis wurde verliehen und zu diesem Anlass reisten die Entwickler und Publisher Vertreter an sondern auch der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, Olaf Zimmermann Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats und auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann.

Und dies alles vor dem Wahlkampf in NRW und finanziert von Geldern des Bundes und der Spielewirtschaft. Doch wenn der Bund schon mal tief in seine Tasche langt, möchte er auch MItspracherecht bekommen bzw. dafür sorgen, dass der Glanz des Modernen auf ihn überfärbt. Parteienübergreifend kann keiner behaupten, in technisch geprägten Zeiten wie diesen gerne als Ewiggestriger wahr genommen zu werden und so sprang die Politik nach geschickt eingefädelter Vorlage von Malte Behrmann nun auch auf diesen Zug auf. Zwar flossen bei der Vergabezeremonie des Deutschen Computerspielpreis nicht wie im Fall von Banken Sanierungsvorhaben und Währungsunionsgefährdenden Staatsbankrotten Milliarden aber 500.000 Euro waren drin, das heisst eigentlich nur 250.000 Euro, da die andere Hälfte der Preisgelder von den am Event beteiligten privatwirtschaftlichen Verbänden kam (GAME, BIU und BVDW).



Wie dieses Geld aufgebracht wurde, möchte man angesichts der dann doch eher bescheiden Haushaltssituation des GAME Verbandes lieber nicht fragen. Sicher ist: es wurde gezahlt und Summen zwischen 15.000 Euro und 75.000 Euro in den einzelnen Kategorien und 100.000 Euro in der Hauptkategorie erreichten ihre Empfänger. Jedoch machte es einen zum einen stutzig zu sehen, dass viele der Juri Mitglieder handverlesene Lobbyisten der deutschen Games Industrie und Politik zu sein schienen. Für wahre kritische Stimmen von Experten fehlte daher rein äußerlich betrachtet die credibele Außenansicht. Vielen dieser sich aus der Menge der Anwesenden sichtbar nach Aufforderung des Moderators erhebenden Jury Mitglieder schienen die Spiele nicht einmal angespielt zu haben.

Das alle Anwesenden einende Band der politischen Absicht, ein plakatives Bild für gewaltlose Games zu machen nach der allerorts grassierenden Gewaltdebatte, verdrängte unversehens die kritischen Stimmen, von denen der eine oder andere auch gerne dem nomminierten Uncharted2 die Auszeichnung "Bestes internationales Spiel"hätte zukommen sehen. Doch da in dem Spiel Waffen vorkommen, ging der Preis - für viele unverständlich - an Anno 1404. Dieses in Deutschland produzierte Aufbau-Strategiespiel erhielt auch den Preis für das beste Deutsche Computerspiel. Etwas zu kurz kamen nach Ansicht einiger Beteiligter Onlinespiele. Doch da in Deutschland kaum nennenswerte Online Spiele produziert werden von Browser Games einmal abgesehen wurden die Preise in erster Linie in doch eher herkömmlichen Kategorien wie Bestes Kid- und Jugendspiel, Bestes Mobile Game, Bestes Adventure, etc. verliehen. Da ist in Zukunft sicher noch mehr zu erwarten. Vielleicht sollte man um ein Beispiel zu geben in dem Zusammenhang auch mal über eine Preis in der Kategorie Beste internationale Co-Produktion nachdenken...

Der eine oder andere Begünstigte Preisempfänger hätte sich sicher etwas mehr Geld gewünscht. Angesichts der in anderen Ländern vorhandenen Infrastrukturvorteile und besserer bereits etablierten Fördermechanismen sind diese Preise in Deutschland zur Zeit sicher nicht mehr als gut gemeinte Gesten. Schön aber, dass es überhaupt etwas gab und dieses Event auch eine schmale Medienaufmerksamkeit hervorrief (auch wenn der Medientrubel sich noch sehr in Maßen hielt). Ein Zeichen wurde mit dieser Veranstaltung bestimmt gesetzt. Man signalisierte Einigkeit. Von einer Academy Award Verleihung oder einem GDC Award war diese Veranstaltung trotz im Ansatz erkennbarer Tendenzen weit entfernt.

Am Ende waren alle happy. Zumindest für den Moment. Vielen wird diese etwas plakative Kampagne im Schulterschluss von Politik und Game Wirtschaft gar nicht aufgefallen sein. Die bei diesem Event vertretene national-deutsche Game Lobby institutionalisierte die Politik und umgekehrt. In vielen Punkten entsprachen die Worte Bern Neumanns auch der damaligen redaktionellen Leitlinie der GAME FACE. Es wurden Gewaltlosigkeit und Innovation von den Entwicklern eingefordert so wie Impulse zum kreativen Umgang mit Technologien. Zwar fielen die vergebenen Preisgelder noch etwas sehr bescheiden aus, doch sind diese ersten Tropfen auf den heissen Stein schon mal ein zweiter kleiner Schritt in die richtige Richtung. Ob diese Nähe zur Politik sich nicht vielleicht eines Tages doch noch als etwas kritisch erweisen dürfte, wird sich zeigen. Meiner Meinung nach sollten sich Politiker und auch Lobbyisten nicht an der Juri beteiligen dürfen. Hier sollte man Journalisten und Produzenten das Feld überlassen. Es fehlte auch ein Publikumspreis oder ein Preis in der Kategorie Bestes Migrantenprojekt. Man darf gespannt bleiben, wie es nächstes Jahr werden wird, bzw. ob der internationale GDC Award nicht eines Tages auch eine europäische Tochter erhalten könnte, wenn der Deutsche Computerspielpreis als Event auch in Zukunft eine plakative politische Veranstaltung bleibt. Die Qualität der ausgezeichneten Spiele sollte in jedem Fall mehr Gewicht haben als politische Intentionen einzelner Akteure oder auch die Inszenierung einer in diesem Fall vielleicht sogar etwas falsch verstandenen political correctness.